Klärschlammverwertung in der Region Hesselberg
Stand:
15.05.2012
Kontakt:
RegioKomm Hesselberg gKU
Schlossstraße 1
91743 Unterschwaningen
Siegfried Hess (Projektträger)
ELER-Förderung:
ja
Finanzierung:
15 Kommunen und Leader+ für die Machbarkeitsstudie, Umsetzung als ppp der Servicegesellschaft Klärschlammverwertung GmbH (RegioKomm gkU & Süwag Wasser GmbH).
Laufzeit:
01.01.2004 bis 31.12.2008
Themen:
- Boden
- Grundversorgung und Infrastruktur
Förderperiode:
Beschreibung
Zusammenfassung:
15 Gemeinden aus der Region Hesselberg entschlossen sich 2006, die Verwertung ihrer kommunalen Klärschlämme künftig gemeinsam zu organisieren. Dabei sollten die regionalen Kompetenzen und Potenziale genutzt sowie durch die Zusammenarbeit der Kläranlagen Kosten gesenkt werden.
Nach einer EU-weiten Ausschreibung wurde 2007 die Süwag Wasser GmbH als Kooperationspartner ausgewählt. 2008 entwickelten die beteiligten Kommunen eine geeignete Organisationsstruktur für das Projekt. Um zu gewährleisten, dass die Kommunen an den Entscheidungen beteiligt sind, entschied man sich, ein gemeinsames Kommunalunternehmen zu gründen, die "RegioKomm Hesselberg gKU".
Die RegioKomm gründete mit der Süwag Wasser GmbH die Servicegesellschaft Klärschlammentsorgung Hesselberg GmbH, welche für Transport und Verwertung des Klärschlamms zuständig ist. Die Süwag Wasser GmbH betreibt die Klärschlamm-Trocknungsanlage in Leutershausen, in welcher der Klärschlamm aus den beteiligten Kommunen getrocknet wird.
Ausgangssituation:
Für die Mitgliedskommunen der Region Hesselberg stellten sich 2004 die Frage, ob die Verwertung des Klärschlamms in Bezug auf die Entsorgungssicherheit neu geregelt werden sollte. Die Entsorgung bzw. Verwertung von Klärschlamm aus der kommunalen Abwasserreinigung erfolgte bisher in jeder einzelnen Kommune. Zu ca. knapp 50 % stofflich in der Landwirtschaft und dem Landschaftsbau sowie zu gut 50 % thermisch in der Regel durch Verbrennung.
Die Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Flächen wurde jedoch immer schwieriger, da immer mehr Abnehmer landwirtschaftlicher Produkte klärschlammfreie Anbaustandorte verlangten. Ebenso sollte die Ausbringung vermieden werden, da hiermit eine Vielzahl von problematischen Stoffen in die Nahrungskette und das Grundwasser gelangten.
Weiterhin bestand erhebliche Unsicherheit in Bezug auf zukünftige Grenzwerte für die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung aufgrund der Diskussionen um die Novellierung der Klärschlammverordnung.
Diese Randbedingungen zeigten, dass die landwirtschaftliche Ausbringung der Klärschlämme aufgrund gesetzlicher und umweltpolitischer Rahmenbedingungen mittel- bis langfristig nur noch wenig Zukunft hatte. Die bis dato praktizierte Nassschlammverwertung in der Landwirtschaft musste überdacht werden.
Außerdem stand ab 2005 ein Ablagerungsverbot für Klärschlämme auf Deponien an und der weite Transport von Klärschlamm und seine Verbringung z.B. in ehemaligen Braunkohletagebaustandorten wurden von den beteiligten Kommunen als nicht nachhaltig erachtet. Zudem war eine deutliche Erhöhung der Transportkosten in den folgenden Jahren abzusehen.
Eine Machbarkeitsuntersuchung zur regionalen Klärschlammverwertung wurde bereits 2002 in das Regionale Entwicklungskonzept der Region Hesselberg eingebracht.
Inhalt:
Um für die zukünftigen strategischen Entscheidungen in Bezug auf die Klärschlammentsorgung eine Entscheidungsbasis zu erhalten, gab die Entwicklungsgesellschaft Region Hesselberg 2004 eine über LEADER+ geförderte Machbarkeitsstudie zur regionalen Klärschlammentsorgung in Auftrag.
Alle Gemeinden der Region Hesselberg wurden vom betreuenden Institut (Ingenieurgesellschaft Müller mbH) zum technischen Leistungsvermögen der Kläranlagen und der Klärschlammentsorgung befragt. Diese Erhebungen wurden in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Gießen ausgewertet, Lösungsvorschläge für eine optimale Aufbereitung des Klärschlamms erarbeitet und mögliche Entsorgungswege aufgezeigt.
In einer ersten Phase wurde geprüft, ob und wie die mechanische Schlammentwässerung auf jeder einzelnen Kläranlage möglich ist oder wie die Klärschlämme aus den einzelnen Anlagen zusammengeführt werden können. Weiter wurde beleuchtet, ob ein zentrales, dezentrales, mobiles oder stationäres System des Wasserentzugs aus dem Klärschlamm zum Tragen kommt. Dabei sollten die Kompetenzen und Potenziale in der Region genutzt, sowie durch die Zusammenarbeit der Kläranlagen Kosten gesenkt werden.
In der zweiten Projektphase wurde untersucht, welche Entsorgungsmöglichkeiten sich nach Reduzierung der Klärschlammmenge ergeben. Angestrebt wurde nicht der billigste Weg, sondern die für die Region Hesselberg günstigste und wirtschaftlichste Variante einer nachhaltigen Entsorgungsschiene. Alle auf dem Markt befindlichen Trocknungsanlagen sowie externe Entsorgungswege wie zum Beispiel die Stadtwerke Crailsheim wurden dabei ins Kalkül gezogen. Die Wertschöpfung, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Auftragsvergabe innerhalb der Region Hesselberg standen im Fokus der Studie.
Im Frühjahr 2006 wurden die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie "Klärschlammentsorgung und -aufbereitung" in allen interessierten Gemeinderatsgremien vorgestellt und beraten.
15 der ursprünglich 20 Kommunen entschieden sich für die Umsetzung der Ergebnisse. Sie gaben die Ausarbeitung des Leistungsverzeichnisses und die EU-weite Ausschreibung des Gesamtvorhabens in Auftrag zur Bildung einer Servicegesellschaft unter Einbindung der Kommunen. Für die EU-weite Ausschreibung wurden bei der weiteren Umsetzung ein Fachjurist (Wolfgang Trautner SNP, Frankfurt a. Main), das Ingenieurbüro Müller (Dipl. Ing. Armin Uhrig) und die Fachhochschule Gießen (Prof. Dr. Ing. Ulf Theilen) eingebunden. Die beteiligten Kommunen repräsentieren Kläranlagen mit zusammen ca. 93.000 Einwohnergleichwerten, auf die insgesamt ca. 4.500 t Klärschlamm pro Jahr anfallen.
2007 folgte die Ausschreibung für Pressung (Entwässerung), Transport des kommunalen Klärschlamms, Trocknung und Restverwertung. Die Süwag Wasser GmbH (Teil der Süwag-Gruppe) wurde hierbei als Kooperationspartner ausgewählt.
2008 wurde unter fachanwaltlicher Beratung die Organisationsstruktur für das Projekt entwickelt. Um zu gewährleisten, dass die Kommunen an den Entscheidungen beteiligt sind und damit über ein Mitspracherecht in der kommunalen Klärschlammverwertung verfügen, entschied man sich, ein gemeinsames Kommunalunternehmen zu gründen, die "RegioKomm Hesselberg gKU". Dieses ist insbesondere den Zielen einer kostenoptimalen Entsorgung, der regional wertschöpfungsorientierten und nachhaltigen Verwertung des Klärschlamms verpflichtet.
Die RegioKomm gründete im Sommer 2008 mit der Süwag Wasser GmbH die Servicegesellschaft Klärschlammentsorgung Hesselberg GmbH (Anteile RegioKomm 51%, Süwag 49%), welche für den Transport und die Verwertung des Klärschlamms zuständig ist. Die Süwag Wasser GmbH baute und betreibt die Klärschlamm-Trocknungsanlage in der Stadt Leutershausen, in welcher der Klärschlamm aus den beteiligten Kommunen getrocknet wird. Die Wärme zur Trocknung des Klärschlamms wird solar im Treibhaus erzeugt und aus der Biogasanlage Sachsen-Altmühlgrund GmbH in Leutershausen bezogen. Das Endprodukt der Trocknung ist ein Granulat mit einem Trockensubstanzgehalt von ca. 90%. Dieses Granulat weist einen Heizwert ähnlich dem von Rohbraunkohle auf und wird als Ersatzbrennstoff in der Zementindustrie eingesetzt.
2009 trat der RegioKomm eine weitere Kommune, die Gemeinde Röckingen bei. Weitere Kommunen haben Interesse zum Beitritt erklärt.
Ziele:
2004 schlossen sich 20 Kommunen der Region Hesselberg zusammen und legten gemeinsam mit der Entwicklungsgesellschaft Region Hesselberg mbH folgende Ziele einer künftigen gemeinsamen Klärschlammverwertung fest:
-
Wirtschaftliche und nachhaltige Verwertung des kommunalen Klärschlammes
-
Optimierung der Transportmengen und Transportwege
-
Verbesserung der Umweltbilanz durch aktiven Bodenschutz und Minderung des CO2 Ausstoßes
-
Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe und damit Steigerung der regionalen Wertschöpfung
-
Nutzung von bisher ungenutzter Restwärme, z. B. aus Biogasanlagen
-
Langfristige Planungs- und Finanzsicherheit (10 Jahre)
-
Keine hohen Investitionskosten und Risiken für die Kommunen
-
Beteiligung der Kommunen an den Entscheidungen und damit Mitsprache in der kommunalen Entsorgung
Besonderheiten:
Die ergebnisoffene Herangehensweise hat sich sehr gut bewährt:
-
Interkommunale Zusammenarbeit im Bereich der Klärschlammverwertung
-
Die Kommunen müssen nicht selbst investieren; die finanziellen Investitionen trägt die Süwag;
-
die RegioKomm Hesselberg gKU bringt den Klärschlamm als Wertstoff in die Servicegesellschaft ein;
-
Transportwege und -mengen sind optimiert
-
die Aufträge für Transport und Pressung der Klärschlämme bleiben weitgehend in der Region
-
Über die RegioKomm sind die Kommunen im Entscheidungsprozess beteiligt und
-
mit einer Vertragslaufzeit von 10 Jahren ist Planungssicherheit gegeben;
-
Die größeren Kommunen, die mehr Klärschlamm einbringen, tragen zu einem gewissen Anteil die Kosten kleinerer Kommunen mit (Solidarprinzip)
-
Die Entwicklungsgesellschaft Region Hesselberg mbH hatte die Projektentwicklung und -steuerung inne und erhielt einen Managementvertrag für die kaufmännischen Leistungen und wurde somit als Dienstleister mit eingebunden
-
beispielgebendes Vorhaben interkommunaler Zusammenarbeit in öffentlich-privater Partnerschaft spart der Umwelt 1430 t CO2 jährlich ein. (Das entspricht jährlich 143 PKW-Fahrten um den Äquator)
Die Kosten der Klärschlammverwertung sind trotz Trocknung und Pressung im Vergleich zur früheren Entsorgung im Schnitt gleich geblieben. Die größeren Kommunen, die mehr Klärschlamm einbringen, tragen zu einem gewissen Anteil die Kosten kleinerer Kommunen mit. Durch die Kooperation profitieren alle Kommunen, für kleinere Gemeinden wäre eine eigene Neuorganisation der Klärschlammverwertung auf Grund des damit verbundenen Aufwands (Auftragsvergabe, Machbarkeitsstudie etc.) nur schwer realisierbar gewesen.
Die Entwicklungsgesellschaft Region Hesselberg mbH hat damit ein Projekt initiiert und entwickelt, dessen Konzept zur Klärschlammverwertung die RegioKomm Hesselberg gKU und die Süwag Wasser GmbH als beispielgebendes öffentlich-privates Partnerschaftsmodell mit Referenzcharakter umgesetzt hat.
Perspektiven:
Dieses Konzept kann anderen Kommunen als Musterlösung im Klärschlammsektor dienen.