Nachhaltige Moornutzung

Landwirtschaftliche Wertschöpfung auf nassen Standorten & innovative Produkte

Online Workshop am 8. Dezember 2021

Das Programm der Veranstaltung zum Download (PDF, 0,3 MB)

Wie lassen sich Moore nachhaltig nutzen? Derzeit bewegt diese Frage viele – das zeigte die rege Teilnahme von rund 250 Interessierten an unserer Online-Veranstaltung am 8. Dezember 2021. Vorträge aus Praxis und Forschung machten deutlich, welche Perspektiven sich für Moorregionen bieten. "Paludikultur", also die nasse Land- und Forstwirtschaft bei Erhalt des Torfkörpers, ermöglicht die Bewirtschaftung von Nasswiesen und -weiden sowie den Anbau von Torfmoosen, Schilf oder Rohrkolben. Die Umsetzung wird bereits in verschiedenen Bundesländern pilotartig erprobt. Deutlich wurde: Es braucht Absatzmöglichkeiten für Moorprodukte sowie finanzielle Unterstützung für die Landnutzenden, die ihre Bewirtschaftung umstellen müssen.

Politische Rahmenbedingungen

Lisa Neumann vom BMEL ordnete den Moorschutz auf politischer Ebene ein. Insbesondere die Bund-Länder Zielvereinbarung setzt ambitionierte Ziele: Bis 2030 sollen die jährlichen Treibhausgas-Emissionen aus Moorböden um fünf Millionen Tonnen reduziert werden. Im Rahmen des Bundesprogramms Klimaschutz durch Moorbodenschutz sollen dafür Mittel von rund 330 Millionen Euro über eine geplante Bundesförderrichtlinie in verschiedene Maßnahmen investiert werden.

Grundlagen und Praxis: Nasse Moorbewirtschaftung

In der neuen Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik wird Paludikultur als landwirtschaftliche Tätigkeit anerkannt: Zur EU-Verordnung. Susanne Abel vom Greifswald Moor Centrum beschrieb Potenziale und Herausforderungen, die eine nasse Moorbewirtschaftung mit sich bringt. Und stellte ein neues Berufsbild vor: den "Moor-Klimawirt".

Ein solcher Moor-Klimawirt ist Sebastian Petri. In der brandenburgischen Niedermoorlandschaft Rhinluch bewirtschaftet er rund 250 Hektar feuchtes Niedermoor. Die Wiedervernässung der Flächen wurde im Rahmen der Agrarumweltmaßnahme Moorschonende Stauhaltung und mithilfe eines Gutachters realisiert. Er gewinnt nährstoffarmes Heu, das als Pferdefutter verkauft wird und hält ganzjährig Wasserbüffel auf Nassweiden.

Beweidung von Moorstandorten

Neben Wasserbüffeln eignen sich auch Schottische Hochlandrinder, Dexter und Exmoor-Ponys für die Beweidung nasser Standorte. Von Erfahrungen zu Weidesystemen und -management berichtete Anja Schumann von der Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos.

Torfersatzstoffe

Um Alternativen zum Torfabbau zu finden, werden im Rahmen des Projekts MOORUse an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf unter anderem die Potenziale von Paludikulturen für Torfersatzstoffen betrachtet. Christina Hartung beschrieb die Eigenschaften der Subtrate und erklärte, wo noch Forschungsbedarf besteht.

  • Torfersatzstoffe (PDF, 5,5 MB) von Christina Hartung, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Bau- und Dämmstoffe aus Paludikulturen

Besonders nachhaltig ist die stoffliche Nutzung von Paludikultur – beispielsweise indem sie zu Bau- oder Dämmmaterialien weiterverarbeitet werden. Torsten Galke von Moor and More hat ein Tiny-House aus Paludiprodukten gebaut. Rohrkolben verfügen beispielsweise über gute Dämmeigenschaften, aber auch Gras von Nasswiesen lässt sich zu Möbeln verarbeiten - und das ohne zusätzlichen Kleber.

Energetische Nutzung von Paludikulturen

Das Heizkraftwerk Malchin versorgt rund 500 Haushalte mit Wärme. Verbrannt wird Mahdgut von Niedermoorflächen am Kummerower See. Diese Nutzungsform, so Tobias Dahms vom Greifswald Moor Centrum, sei nur nachhaltig, wenn bestimmte Rahmenbedingungen eingehalten werden und eine stoffliche Nutzung ausgeschlossen ist. Das Projekt BOnaMoor begleitet das Vorhaben.

Neben der thermischen Verwertung kann Paludikultur perspektivisch auch Einsatz in Biogasanlagen finden. Christian Heckmann von der Green Planet Energy eG, einer nachhaltigen Energiegenossenschaft aus Hamburg, stellte seine Motivation vor: die Vergärung von Paludi-Biomasse, die Aufbereitung zu Biomethan und eine direkte Einspeisung für Kundinnen und Kunden.

Photovoltaik im Moor

Die Wiedervernässung von intensiv genutztem Ackerland muss sich für den Landbewirtschaftenden lohnen – Dr. Theresa Lehmair vom Landesamt für Umwelt berichtete von einer entwässerten Niedermoorfläche, die mit Photovoltaikanlagen bestellt und so sowohl extensiviert als auch wiedervernässt werden soll. Das Ständerbauwerk wurde dazu bis in den Mineralboden gerammt. Rundherum wird ein kräuterreiches Extensivgrünland angelegt.

Mit Ideen die Start-Up und Gründerszene erreichen

Um Vermarktungswege für Paludiprodukte zu etablieren, riet Marco Habschick die Start-Up und Gründerszene einzubeziehen. Mit der Gründerplattform, die seit 2018 betrieben und vom Bundeswirtschaftsministerium und der KfW gefördert wird, werden Gründer und Unternehmen oder Organisationen zusammengebracht, um innovative Ideen zu realisieren. Aus seiner Sicht ist der Handlungsbedarf im Bereich nachhaltige Landwirtschaft groß und erfolgsversprechend.

Finanzierungsmöglichkeiten für nasse Moorbewirtschaftung

Dr. Michaela Meyer vom DVL gab einen Überblick der bestehenden Fördermöglichkeiten für die nachhaltige Moorbewirtschaftung sowie einen Ausblick auf die Möglichkeiten, die im Rahmen der neuen Förderperiode der GAP ab 2023 für Landbewirtschaftende bestehen. Erstmals werde dann ein neuer Standard der Konditionalität einen Grundschutz für Moorböden gewährleisten: Die GAP-Konditionalitäten-Verordnung zum Download (PDF, 03, MB).

Alternativen für nachhaltige Nutzungsformen von Moorstandorten sind bereits vielfach erprobt. Es gilt nun, nasse Bewirtschaftung großflächig umzusetzen, damit möglichst viele Moorflächen schnell wiederzuvernässt werden. Nur so lassen sich Treibhausgasen, die durch oder in Zusammenhang mit der Landwirtschaft stehen, wirksam reduzieren. Wichtig ist es, die Landbewirtschaftenden bei dieser Transformation zu begleiten und ihnen die Umstellung durch attraktive Förderung und Beratung zu erleichtern. Neben Fördermöglichkeiten, die beispielsweise die GAP bereitstellt, können auch Angebote der Wirtschaftsförderung interessant sein - insbesondere für den Aufbau von Wertschöpfungsketten.

Kontakt

Dr. Jan Freese
0228 68 45 34 77
Jan.Freese@ble.de

Nach oben